Ich fürchte mich nicht
Inhalt:
Fast ein Jahr lang befindet sich die 17-Jährige Juliette
schon in Isolationshaft. Seit ihrer Geburt ist sie eine Ausgestoßene, von der
Gesellschaft verachtet und selbst von den eigenen Eltern gefürchtet. Sie trägt
die Bürde eines einzigartigen Fluches: Berührt sie einen Menschen, raubt sie
ihm Lebenskraft – bis hin zum Tod.Nach einem tragischen Unfall, den Juliette verschuldete,
wird sie an die Regierung verraten und weggesperrt. Sie glaubt nicht mehr
daran, der Einsamkeit ihres Gefängnisses jemals wieder entfliehen zu können,
als Adam in die Zelle gestoßen wird, ein junger Mann, den sie aus ihrer
Kindheit kennt.Anfangs meint sie, einen Mithäftling vor sich zu haben,
einen Verbündeten vielleicht, doch Adam ist ein Soldat und Spion des
Oberbefehlshabers Warner. Dieser beweist mit seinen 19 Jahren schon ein
gehöriges Maß an Grausamkeit und Perversion, denn er glaubt, dass Menschen nur
dem gehorchen, der sie ängstigt.Warner ist tief fasziniert von Juliette und ihrem Fluch, den
er Gabe nennt. Gerne sähe er sie als Frau und Geheimwaffe an seiner Seite, doch
bevor sie sich nicht freiwillig dafür entscheidet, bleibt sie auch bei ihm eine
Gefangene. Juliette kämpft mit ihrer inneren Zerrissenheit, ihrer
Furcht davor, ein Monster zu sein und dem eigenartigen Interesse, das Warner in
ihr weckt. Dennoch empfindet sie eher Abscheu als Liebe für ihn, und ihr Herz
gehört längst Adam. Doch auch von diesem Mann weiß sie nicht, ob er Freund oder
Feind ist.
Meine Meinung:
Schreibstil:
Mit einem Wort würde ich den Stil der Autorin als
„interessant“ bezeichnen. Äußerst auffallend sind die starken Metaphern und
Bilder, mit denen Juliette ihre Geschichte erzählt.
Der Roman ist im Präsens geschrieben, was, zusätzlich zu den
eindringlichen Sinneseindrücken und den Wortwiederholungen, für eine große Nähe
zu der Protagonistin sorgt. Daneben
stechen noch diese gewissen Sätze ins Auge, die durchgestrichen wurden. Eine
sehr ausgefallene Idee, um darzustellen, wie es wahrhaftig in Juliettes
Innerstem aussieht, und was sie sich weder zu sagen noch zu denken erlaubt.
Vor allem während der Szenen, die sich mit Freiheit, mit
Leben und Rebellion beschäftigten, entfaltete die expressive, emotionale
Sprache ihre Wirkung. Ich persönlich
könnte diesen Schreibstil schier mit Irrlichtern überschütten.
Handlung:
Bereits sehr schnell vermochte Mafi mich mit ihrer
Geschichte in den Bann zu ziehen. Man erlebt alles ungeschönt und ehrlich durch
Juliettes Augen, ein Ereignis jagt das nächste und die Autorin glänzt mit einem
wohl durchdachten Plot.
Hier ist allerdings anzumerken, dass der Roman zwar in einer
dystopischen Welt spielt (durch Klimawandel zerstörte Welt/skrupelloses
Regime), seinen Schwerpunkt jedoch eher auf die Liebesbeziehung und Juliettes
innere Entwicklung legt. Die Zukunftsvision blieb für mich etwas zu nebulös und
bei der ein oder anderen bittersüßen, romantischen Szene hörte ich schon die
Geigenmusik erklingen, sah fliederfarbene Wolken dahinschweben und stand kurz
vor einem Augenrollen.
Das Ende weist einen eher kleineren Showdown auf und lässt
den Leser mit vielen Fragen zurück, die im zweiten Band hoffentlich beantwortet
werden können.
Charaktere:
Zum großen Teil würde ich die Charakterisierung als sehr
gelungen bewerten – vor allem in Anbetracht der recht geringen Seitenzahl.
Eine Glanzleistung bietet hier zuerst einmal die Hauptfigur
Juliette: Auch wenn nicht jeder das seltsame, verstörte Mädchen gleich in sein
Herz schließen wird, ist sie unglaublich authentisch. Schließlich kann niemand
behaupten, dass lebenslange Einsamkeit, Ausgrenzung und 264 Tage Isolationshaft
einen Menschen nicht prägen. Ich für meinen Teil habe mit ihr gelitten, denn
die Autorin schildert hier eine junge Frau, die solch eine schöne Seele
besitzt, die mitfühlend und gut ist, die sich immer nur nach Liebe gesehnt hat.
Außerdem entwickelt Juliette sich im Laufe des Buches, sie
kämpft für ihre Prinzipien, zieht vor Warner den Kopf nicht ein und beweist
starrköpfige Tapferkeit.
Darum war ich auch etwas enttäuscht von dem männlichen Part
der Liebesgeschichte. Adam ist in vielerlei Hinsicht so glatt und tadellos,
dass es mich zu tiefen, frustrierten Seufzern verleitete, denn diese Schablone kenne
ich schon auch vielen anderen Büchern.
Mir persönlich ist von ihm kaum etwas im Gedächtnis geblieben. Wahrscheinlich hätte ich auch den romantischen Teil als reizvoller empfunden, wenn dieser Charakter mehr Farbe, Fehler und Leben in sich getragen hätte.
Mir persönlich ist von ihm kaum etwas im Gedächtnis geblieben. Wahrscheinlich hätte ich auch den romantischen Teil als reizvoller empfunden, wenn dieser Charakter mehr Farbe, Fehler und Leben in sich getragen hätte.
So komme ich nun zu der interessantesten Figur in Mafis
Buch: Unser allseits geliebt und gehasster Befehlshaber Warner (Vorname
unbekannt).
Auf höchst verkorkste Weise scheint er der heimliche Held des Buches zu sein.
Auf höchst verkorkste Weise scheint er der heimliche Held des Buches zu sein.
Er ist sowohl für den Leser als auch für Juliette ganzzeitig
verwirrend, hüpft zwischen mehreren Persönlichkeiten, säuselt und schnurrt, nur
um danach irgendwem in den Kopf zu schießen. Unterm Strich ist er derart
psychopathisch, dass man ihn schreiend
in eine Tonne stopfen und den Berg herunterrollen will.
Doch auch bei ihm deutet die Autorin eine tiefe, innere Zerrissenheit
an, er hat einen sehr befremdlichen Humor und glaubt sogar ernsthafte Zuneigung
für Juliette zu empfinden. Warner ist
einer von diesen besonderen Charakteren, die man nicht vergisst, und darum bin
ich gespannt, was dieser Irre im zweiten Band treiben wird.
Außer diesen drei Hauptprotagonisten gibt es noch einige
Nebenfiguren, die eher angedeutet charakterisiert werden. So zum Beispiel Adams
kleiner Bruder Jamie und der dreiste, zwielichtige Kenji.
Sie waren eigentlich beide auf Anhieb sympathisch, ich hoffe allerdings, dass die Autorin sie im Folgeband noch vertiefen kann.
Sie waren eigentlich beide auf Anhieb sympathisch, ich hoffe allerdings, dass die Autorin sie im Folgeband noch vertiefen kann.
Fazit:
Ein mitreißendes, tiefgründiges Buch mit kleinen Makeln.
Eine Geschichte über Freiheit, Menschlichkeit und ein
Mädchen, das seinen Weg finden muss.
Eine Liebesgeschichte als Dystopie verkleidet.
Eine Roman, den es dich zu lesen lohnt!
Vier Irrlichter von mir!
Liebe Grüße
Alisa
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